Saisonrückblick 2009

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Fünf Jahre München - Eine Reminiszenz und ein Ausblick

In den letzten Jahre ist es mir eine liebe Tradition geworden, die vergangene Saison im Rahmen eines kurzen Textes zu reflektieren und mir und meinen Besitzern, sowie allen anderen dem Rennstall mit Interesse verbundenen Personen, Rechenschaft über die sportlichen Belange zu geben. Nicht nur hilft mir diese Übung selbst, einige Dinge - darunter nicht zuletzt die Fehler - etwas klarer zu sehen, auch die Reaktionen auf meine Artikel helfen mir, meine Selbsteinschätzung einer Justierung zu unterziehen.

Dem Fazit der Saison 2009 möchte ich heuer aus gegebenem Anlass eine Resumee meiner nun zu Ende gegangenen Zeit am Trainingsstandort München-Riem voranschicken.

Der Wechsel von Ebreichsdorf nach München war damals keineswegs so selbstverständlich und naheliegend, wie er heute, im Angesicht eines schwer angeschlagenen Rennsportes in Österreich, scheinen mag. Die Rennbahn in Ebreichsdorf war seinerzeit noch der Ausrichter von 35 Renntagen mit einem Preisvolumen von insgesamt 8 Millionen Euro; neue, hochmoderne Stallungen standen uns zur Verfügung und darüber hinaus war die Wiener Freudenau noch Veranstalter von zwei attraktiven Meetings pro Jahr. Die Diskrepanz zwischen den überfliegenden Vorstellungen der Verantwortlichen, ihrer Rennsportkompetenz und der Wirklichkeit, waren aber schon damals nicht zu übersehen. Ich kann mich glücklich schätzen einen Absprung geschafft zu haben, der heute, wenn nicht unmöglich, so doch zumindest nicht so reibungslos und mit einem so großen Startkapital von statten gehen würde, wie ich es erleben durfte. Sämtliche österreichischen Besitzer hatten mir das Vertrauen ausgesprochen und ihre Pferde auch am neuen Standort bei mir ins Training gestellt. Dafür, daß sie mir dadurch ein gewisse Sicherheit am Beginn dieses neuen Abschnittes gegeben haben, sei ihnen auf diesem Wege noch einmal ein ausdrücklicher Dank ausgesprochen.

München hat sich für den Einstieg in den deutschen Rennsport in mehrfacher Hinsicht als idealer Standort für mich erwiesen: die räumliche Nähe zu den Bahnen in Österreich und Italien ermöglichte es mir einerseits, eine gewisse Kontinuität im Hinblick auf mein Betätigungsfeld beizubehalten, zum anderen hat München dank exzellenter Betreuung die wohl beste Trainingsbahn, sowohl auf Sand als auch auf Gras, Deutschlands.
Die fünf Jahre zusammengefasst hab ich eigentlich wenig Grund, unzufrieden zu sein; mein Ziel, neben den mitgekommenen österreichischen Besitzern, einen festen Stamm an neuen deutschen Besitzern dazuzugewinnen habe ich erreicht. Es ist mir ausserdem gelungen, die Anzahl der Siege bzw. den Bestand an bei mir im Training stehenden Pferden kontinuierlich zu steigern. Zwar bildet 2009, was die Sieganzahl betrifft, die Ausnahme, zumindest aber konnte ich diese Saison meine bisher größte Gesamtsumme an Rennpreisen gewinnen. Als persönliche Höhepunkte dieser Zeit kann ich den Sieg Winsome Imps im Ausgleich II. am Dallmayer Renntag 2008, der Sieg Krasiwajas im Österreichischen Stutenpreis 2009 sowie der Debütantensieg von Treuer Adler 2007 in Meran.
Weniger erfolgreich war ich vielleicht darin, immer die optimale Auswahl an Rennen, auch was die Anzahl an Starts betrifft, für meine Pferde zu finden; zu häufig haben wir in Rennen laufen lassen, in welchen unsere Chancenlosigkeit von vorn herein fest stand. Das geschah oft auf ausdrücklichen Besitzerwunsch aber als Trainer trage ich letztlich selbst für jeden Entscheidung zu starten die Verantwortung und hier muss es hinkünftig ganz klar mein Ziel sein, gegebenenfalls auf mein besseres Wissen als Verantwortlicher und in täglichem Kontakt mit den Pferden stehender zu vertrauen und meine Einschätzung auch den Besitzern gegenüber entschiedener zu vertreten. Ein weiteres Ziel muss fürderhin die schnellere Evaluierung der bei mir im Training stehenden Pferde auf ihre Tauglichkeit für den Rennbetrieb hin sein. Von weniger oder überhaupt nicht begabten Tieren möchte ich zukünftig früher trennen. Meine Fähigkeit, diesen Punkt schnellstmöglich zu erkennen, ist sicher noch ausbaufähig.
Einen kleinen Wermutstropfen meiner Münchenzeit bildet sicher auch das bisher in Deutschland ausgebliebene Blacktype. Vor allem in der letzten Saison hatte ich mit Milano und Una Promessa zwei sehr vielversprechende Kandidaten am Start, musste diese aber wegen Verletzungspech vorgeben.
Auch nicht immer erfolgreich war ich ausserdem im Umgang bzw. vielleicht auch in der Wahl meines Personals. Meine bisweilen durchaus impulsive Art und in manchen Fällen ein wohl zu enger Kontakt, haben zwischenzeitlich immer wieder für persönliche Verstimmungen gesorgt und das Arbeitsklima gestört. Die neue Wirkungsstätte erlaubt es mir auch diesbezüglich einen neuen Anfang zu machen und durch das aus meinen Fehlern Gelernte, mit mir hoffentlich unvoreingenommen entgegentretenden neuen Leuten, ein besseres und vor allem dauerhafteres Arbeitsverhältniss zu entwickeln.

Der Plafont des sportlich mir in München möglichen ist nun jedenfalls, so meine Einschätzung, erreicht; ich konnte nicht damit rechnen, hier noch neue große Besitzer für den Stall zu gewinnen bzw. das Material, daß mir hier in den nächsten Jahren zur Verfügung gestanden hätte, wäre nicht essentiell besser geworden. Auch ist die Suche nach gutem Personal in Riem in den letzten Jahren nicht unbedingt einfacher geworden. Neben diesen negativen Gründen und dem lukrativen Angebot zu wechseln, sind es noch zwei Vorfälle im Zusammenhang mit den Münchner Rennverein, die mir die Entscheidung, von hier fortzugehen zumindest erleichert haben: Zum einen seien die Ereignisse rund um den ersten Renntag der abgelaufenen Saison zu nennen; eine völlig verfehlte Absteckung mit Holzrails, deren Sinnhaftigkeit auch im Nachhinein keinerlei Aufklärung erfahren hat und die in der Form - Gottseidank - einmalig ist und danach auch nicht mehr stattfand, hat damals zu Stürzen und Verletzungen meiner beiden Jockeys geführt - bei K.P.Pattinson sogar zu lebensgefährlichen; eines der beiden gestürzten Pferde musste aufgegeben werden, bei dem anderen, einem jungen, unroutinierten Hengst, ist eine nachhaltige Beeinträchtigung der Rennkarriere durch den Sturz zumindest nicht unwahrscheinlich. Der Münchner Rennverein hat es als für dieses Unglück Mitverantwortlicher im Anschluss an diese Ereignisse weder der Mühe wert gefunden, den Grund für diese Aussteckung darzulegen, noch sich, wie es ein Mindestmaß an Anstand eigentlich nahegelegt hätte, bei mir oder der Besitzerin des verunglückten Pferdes zu entschuldigen. Stattdessen bin ich mit wenig plausiblen Ausflüchten abgespeisten worden.

Der zweite Grund ist die ungleiche Behandlung der Trainer durch den Rennverein. Als ich 2005 24 Pferden hierher mitbrachte, was sicher auch für den Rennverein nicht das schlechteste Geschäft war, musste ich mir die Stallungen selbst herrichten und ausmalen. Heuer ist einem anderen Trainer auf Kosten des Rennvereines, den wir anderen mitfinanzieren, der Stall renoviert worden; gleichzeitig wurde ein arrivierter Trainer wie Johann Müller einfach aus seinem Quartier geworfen.
Es schmerzt zu sehen, wie ungleich der Respekt und die Unterstützung hier verteilt werden bzw. wie mit manchen von uns Aktiven umgegangen wird.

So gesehen ist das Angebot, in Baden-Baden die Pferde des Gestüts Graditz zu trainieren, nicht zur Unzeit gekommen. Ganz abgesehen davon, daß es natürlich eine Ehre ist, von der jeder mit der Geschichte des Vollblutes einigermassen Vertraute nur träumen kann, mit dem ältesten und traditionsreichsten Gestüt Deutschlands zusammenzuarbeiten - für meinen Vater, den Begründer von Gestüt Hernstein, wäre damit wohl ein Traum in Erfüllung gegangen - habe ich nun einen Stall im Hintergrund, der in dieser Qualität sicher einen qualitativen Sprung vorwärts in meiner Karriere bedeutet. Allein die Abstammungen der Graditzer Pferde sind sagenhaft. Die Erwartungshaltung und die Fallhöhe sind damit sicherlich nicht unwesentlich gestiegen; ob die Trainingsbedingungen so optimal wie in München sind wird sich herausstellen und nicht zuletzt werde ich, was die Auswahl der Rennbahnen, auf denen ich meine Schützlinge laufen lasse, neu ausrichten müssen; Italien liegt zwar nach wie vor sehr günstig, Ebreichsdorf und Meran fallen nun aber - bis auf die größeren Rennen - weg (wobei die Bedeutung Merans als Flachbahn nach dem Deal mit Mailand ohnehin am Schwinden ist); die Entfernung zu den neuen Bundesländern ist länger geworden und eine Ganzjahresbahn(???) vor der Haustür hat, trotz der in München in den letzten Jahren kontinuierlich gesunkenen Anzahl an Renntagen, schon seine Vorteile und erlaubt einiges an Flexibilität. Dafür aber, und ich bewege mich hier mit dem gegenwärtigen Trend im Rennsport, öffnet sich mir durch die Nähe zu den Westbahnen und zu Frankreich, ein neues, sportlich anspruchsvolleres Betätigungsfeld, eines dem, wie nicht nur ich meine, gegenwärtig die Zukunft gehört.
Die Ziele, an denen ich mich in den nächsten Jahre werde messen müssen sind zum Einen die Akquisition neuer Besitzer und eine kontinuierlicher Anstieg des sportlichen Niveaus meines Stalles, zum Anderen möchte ich, und dies ist auch ein ganz persönliches Ziel, den Farben des Gestüts Graditz im deutschen Rennsport die Bedeutung zurückgeben, die es sich aufgrund seiner Tradition verdient hat.

Ein spezifischer Rückblick für die Saison 2009 wird, so es meine Zeit erlaubt einen solchen zu schreiben, demnächst folgen.

Starter


Sonntag, 24. März
Nancy
3.R.
Vizindi
8.
Kontakt: An der Rennbahn 8-9, 76473 Iffezheim | Tel: +49/(0)176/ 205 70 115 | Email: gerald.geisler@gmx.de